Manchmal fühle ich mich wie auf einem
Tennisplatz, wo ich mit bloßen Händen Bälle, die aus allen Richtungen auf mich
zu fliegen abwehren muss. Das Leben unter der Fuchtel des Jobcenters ist
zermürbend, anstrengend. Jobinterviews sind anstrengend. Abgelehnt werden ist
anstrengend. Noch nie in meinem Leben habe ich mich so fremdbestimmt gefühlt.
Ich fühle, wie ich mich von mir selbst zunehmend entfremde.
Gestern erhielt ich einen
Vermittlungsvorschlag mit Rechtsfolgebelehrung, wie es so schön kalt und
nüchtern heißt. Verkäuferin am Flughafen, Schichtdienst von 5-21 Uhr. Übelkeit
stieg in mir hoch. Alles sträubte sich in mir. NEIN! Aber fragt mich jemand, ob ich das möchte? Ob es meinen
Bedürfnissen oder gar meinen Lebensumständen entspricht? NEIN! Warum auch? Wenn wir auf die Bedürfnisse von allen Rücksicht
nehmen würden, wo kämen wir denn da hin? Einzelschicksal. Das muss ich doch einsehen.
Die Fallmanagerin, die mir das geschickt
hat, hat mich noch nie gesehen. Braucht sie auch nicht. Der Job ist schließlich
zumutbar. Das ist alles was zählt. Zähneknirschen. Ohnmacht. Wenn ich das in
Frage stelle, kann man auch in Frage stellen, ob ich überhaupt arbeiten will.
Ende der Diskussion. Schließlich möchte ich mich solch einem Verdacht doch
nicht aussetzen, oder? ODER?!?
„Sehen Sie es doch als Chance, mehr
Erfahrungen mit Bewerbungsgesprächen zu sammeln“, sagt meine Jobcoachin, die
mich 3-mal die Woche auf Linie hält. „Sie werden besser mit jedem Gespräch!“
NEIN! Sie lügen. Es wird schlimmer. Die Wunden werden größer. Denn es sind
keine freien Entscheidungen, die ich treffe. Diese „Herausforderungen“ habe
ich mir nicht selbst gestellt. Sie werden mir aufgezwungen. Tag für Tag. Die
Bälle fliegen wieder auf mich zu. Soll ich eine schlechte Bewerbung schreiben,
mit vielen Fehlern und noch eine Gute für das Amt? Doppelleben. Wieder
Entfremdung. Kräfte werden aufgebraucht.
Soll ich mich ganz verweigern? Ich fühle
das Damoklesschwert über mir. Sanktionen. Strafen. Bestrafung eines Menschen, der nie was ungesetzliches oder böses getan hat. 30 % Kürzung des ohnehin
mickrigen Geldes. Halte ich das aus? Sparsamkeit hab ich gelernt. Aber werden
die Bedrohung und der Zwang dadurch vielleicht noch schlimmer? Ich sehe die Schlagzeile der Bild vor mir. „Hartz IV-Empfängerin verweigert Arbeit. Was
stimmt mit ihr nicht? Steinigt sie.“
Freunde sagen: „Du bist doch kein
Sklave. Kämpfe!“ Warum bin ich dann nur so müde. Ach ja, weil jemand bei mir immer
wieder die Fäden zieht.