Mittwoch, 28. Januar 2015

Mach doch mal was Sinnvolles mit deinem Leben

Was bleibt, wenn man keines der Ziele, Pläne, Vorgehensweisen, die üblicherweise in unserer Gesellschaft als erstrebenswert gelten, für sich vollwertig annehmen kann? Fragt man Leute nach dem Sinn ihres Lebens, kommen häufig klar definierte Ziele und abgesteckte Bereiche: Karriere, einen erfüllenden Arbeitsplatz (was auch immer das konkret heißen mag), Partnerschaft, eigene Familie, manchmal auch Besitz, den man anhäufen und später an die nachfolgenden Generationen, die ja sowieso immer ganz, ganz wichtig sind, weitervererben kann. Altruistische Motive scheinen auch beliebt zu sein und die gehören zu den sehr wenigen, die ich als wirklichen Sinn für das Leben anerkennen könnte. Wenn es mich nicht so befremden würde, dass altruistische Taten ihrer Natur entgegengesetzt fast ausschließlich dazu dienen, sich selbst etwas Gutes zu tun (wie z.B. durch Gewissensberuhigung), wogegen ja eigentlich überhaupt nichts spricht, aber im Zusammenhang mit Altruismus fehl am Platz ist, wie ich finde.

Also, wenn einem das Prinzip "Karriere" zuwider ist und man die Arbeit an sich nicht in den Lebensmittelpunkt stellt, tut sich erstmal eine gähnende Leere auf, die einen im schlechtesten Fall erschreckt oder überfordert. Diesen potenziellen Schrecken vor der "leeren" Zeit erkenne ich beispielsweise daran, dass man im herbeigesehnten Urlaub oft keine Muße walten lässt, sondern ein ausgefülltes Aktivitätenmodell aufstellt, weil die Angst vor ungeplanten Zeitspannen riesig ist. Da ist plötzlich ganz viel Platz und Energie für neue Sachen und  andere Beschäftigungen, wenn man die Leere zulässt. Auch wenn ich vor einigen Jahren damit angefangen habe, mich von dem Gedanken des "Lebenssinns Arbeit" zu verabschieden, fällt es mir manchmal immer noch schwer, alternative Richtungen und Aufgaben zu finden, die mit wirklicher Erfüllung zu tun haben und nicht einfach nur nette "Beschäftigungen" sind. "Ja, dann geh doch lieber arbeiten, du weißt eh nicht, was du stattdessen willst", denken vielleicht einige. Und ich würde sagen: Nein. Hat man einmal eine persönliche Wahrheit für sich erkannt, vielleicht nach vielen Jahren der Verdrängung und Ablenkung, kann man diese nicht mehr beiseiteschieben und so tun, als sei sie nicht da. Das wäre, pathetisch ausgedrückt, Selbstverrat.

Was ist mit Partnerschaft, Familie? Ich möchte keine Kinder. Das Weiterbestehen der (deutschen) Menschheit ist nicht unbedingt eine besondere Herzensangelegenheit von mir. Den Mythos "Partnerschaft als alleiniges Lebensglück" sehe ich ganz nüchtern als "Ich mache mein Lebensglück von einer anderen Person abhängig". Gelungene, intensive, liebevolle Beziehungen sind sicherlich sehr schön und können einem tolle Jahre bereiten. Aber kann mein Sinn wirklich in jemand Anderem verankert sein? Und ab der Trennung ist das Leben dann wieder sinnlos?
Ich stelle die hehre Behauptung auf, dass das Leben immer von dem Grundton Sinnlosigkeit geprägt ist. Und das dieser Grundton übertönt wird von gesellschaftlich propagierten Sinnkonstrukten wie Arbeit, Partnerschaft und Kindern. Diese bilden natürlich die Grundlage des menschlichen Zusammenlebens. Aber sind sie deshalb zwangsweise sinnstiftend?

Am Ende bleibt (mir) wohl nur der im besten Sinne hedonistische Ansatz, in meiner Lebenszeit irgendwie glücklich und zufrieden zu werden. Wie das geht? Weiß ich nicht.

1 Kommentar:

  1. Danke für diesen Eintrag, so komme ich mir mit meinen Gedanken nicht mehr so ver-rückt vor...tat wirklich gut zu lesen, dass andere ganz ähnlich denken. Warum sollte man das eigene Leben nicht dazu nutzen dürfen, für sich selbst zu leben, seine wahren Interessen zu erforschen, statt immer danach zu schauen, was man jetzt wohl mit seinem Leben anfangen SOLLTE, was von einem erwartet wird oder von anderen gewünscht ist..

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