Die Beziehung zwischen dem Arbeitslosen –
äh Arbeitssuchenden und seinem Arbeitsvermittler ist, wie soll ich es möglichst
diplomatisch ausdrücken, häufig von einigen Spannungen geprägt.
In meinem bisherigen Leben hatte ich
immer wieder mit Jobcoaches oder Arbeitsvermittlern zu tun. Spätestens nach dem
ersten Schulabschluss, allerspätestens nach der Ausbildung oder dem Studium bekommt
man sie zu Gesicht. In der Regel geht die Angst im Volke vor ihnen rum. Manche Geschichten
über sie sind geradezu legendär.
Natürlich sind es auch nur Menschen, die
teilweise genauso mit diesem absurden System und seinen noch absurderen
Vorgaben zu kämpfen haben, wie die Arbeitslosen, denen sie diese Maßnahmen aufzwingen
wollen.
Ich habe mir von Arbeitsvermittlern
schon vieles vorwerfen lassen müssen. Von Aussagen, wieso ich nicht bessere
Abschlussnoten hätte, bis zu dem Vorwurf, ich sei einfach nicht kooperativ,
weil ich vor lauter Angst nichts mehr sagen mochte, war irgendwie schon alles
dabei.
Mit achtzehn ging ich wirklich noch in
dem festen Glauben zu solchen Gesprächen, man wolle mir helfen. Haaaahaaahaaa.
Aber Spaß bei Seite. Jetzt, mit 32 bin ich froh, wenn alles so neutral wie
möglich abläuft. Wenn sie einfach freundlich sind, reicht mir das schon völlig.
Mittlerweile habe ich auch die Erfahrung
gemacht, dass es einige Arbeitsvermittler ganz gut mit einem meinen. Dennoch sind
die Grenzen hinsichtlich ihrer Möglichkeiten oft ziemlich schnell erreicht.
In der Regel wechselt man ja alle paar
Monate den Arbeitsvermittler. Weshalb das so ist, ist mir schleierhaft. Vielleicht
ist die Gefahr zu groß, dass man sich aneinander gewöhnen, sich verbrüdert und
der Arbeitslose plötzlich ein menschliches Gesicht bekommen könnte. Ein Schelm,
wer Böses dabei denkt.
Das bedeutet natürlich auch, dass man die
Geschichte seines Misserfolgs immer und immer wieder neu erzählen muss. Eine
besonders beliebte Frage dabei lautet:
Was
glauben sie, woran es liegt, dass sie arbeitslos sind.
Was soll man da antworten? Vielleicht so
was wie:
„Weil
ich zu blöd bin?“
Oder:
„Weil
die Arbeitgeber borniert und blöd sind und mein Potential nicht erkennen?“
Manchmal kommen mir auch so lustige
Gedanken, wie:
„Weil
ich keine Arbeit gefunden habe.“
Oder:
„Ich
habe keine Lust zum Arbeiten und möchte dem Staat unbedingt auf der Tasche
liegen. Macht doch Spaß, sich jeden Monat auf dem Amt aufs Neue demütigen zu lassen.
Bäm!! Du gehörst nicht zur Gesellschaft.“
Nun ja. In einem Gespräch mit einer
Arbeitsvermittlerin habe ich mich dafür entschieden, den Grund in meiner
Studienwahl zu vermuten. Geisteswissenschaftler werden eben nicht wie Sand am
Meer gesucht. Im Grunde glaube ich sogar, dass dies vielen Arbeitgebern suspekt
ist.
Darauf antwortete mir die Dame etwas,
womit ich im Leben nicht gerechnet hätte:
„Frau Preussischer Wiederstand,
wissen sie, was ich glaube? Arbeitgeber wollen keine kritisch denkenden
Menschen. Die befürchten, dass sie sich nicht richtig unterordnen können.
Verzeihen sie mir den Ausdruck, aber sie sind denen wahrscheinlich schlicht zu
intelligent.“
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Via Pinterest |
Das hat mich schier aus den Socken gehauen. Revolution im öffentlichen
Dienst. Alarmsirenen. Bitte ergreifen sie diese Arbeitsvermittlerin. Sie hat
die Wahrheit gesagt.
Da saß kein doofer, genervter
Behördenfuzzi vor mir, der jeden für Abschaum hält, dessen Akte nicht
mindestens nach einer Woche von seinem Schreibtisch verschwunden ist. Nein. Da
saß eine selbstständig denkende Frau, die tatsächlich auf meiner Seite war. Der
blanke Wahnsinn.
Leider habe ich mittlerweile wieder eine
neue Arbeitsvermittlerin. Aber die ist bisher zumindest freundlich.
Falls hier Leute mitlesen, würde ich
mich über eure Kommentare freuen. Was habt ihr für Erlebnisse mit dem
Arbeitsamt gemacht?
Was glauben sie, woran es liegt, dass sie arbeitslos sind.
AntwortenLöschenMeine Antwort war stets, dass dafür die Strukturen des Arbeitsmarktes verantwortlich sind. Knapp 750.000 offene Stellen (nachlesbar auf arbeitsagentur.de) treffen auf (ungeschönt!) 5-6 Millionen Erwerbslose. Da kann die Bewerbung, das Auftreten, das Verhalten und so weiter noch so gut und "perfekt" seien - acht von zehn werden immer leer ausgehen. Fast alle Jobcoacher und Arbeitsvermittler waren bei mir danach still und freundlich. Die wissen das alles auch, wollen aber ständig die "Eigenverantwortungs-Keule" fahren, um jegliche Verantwortlichkeiten abzuschmettern und: um ihre Arbeit zu rechtfertigen ;-)
Hallo, ein sehr schönes Blog, das ich gerade entdeckt habe :-)
AntwortenLöschenZu deiner Frage: meine Erfahrungen sind ungefähr die Gleichen. Aber so eine ehrliche Antwort von einem Jobcenter-Mitarbeiter habe ich noch nie bekommen. Vielleicht tut sich langsam was in dieser Richtung? Je mehr Menschen in diesem Land diese abgedroschenen Phasen nicht mehr glauben und das auch offensiv aussprechen, desto schneller kann dieser schreckliche Jobcenter- und Arbeitsirrsinn beendet werden. Das hoffe ich jedenfalls.
Ich bin schon vom Charakter her nicht für die unterwürfige Arbeitswelt gemacht. Mich nimmt auch Keiner, weil ich ne eigene Meinung habe und nicht bei jedem Scheiß zustimmend nicke, nur um bloß jeden schlechtbezahlten und befristeten Job zu kriegen. Ansich habe ich nichts gegen die hochgepriesene Karriere, aber nicht unter diesen Voraussetzungen. Nicht in dieser Menschen-Verheitzungsmaschinerie und nicht mit dieser rückratlosen Sklavenmentalität.
schliesse mich deiner Meinung voll an - ich lebe nicht um mich zu unterwerfen, demütigen zu lassen - ich gehe nach wie vor aufrecht, so dass die Scheisse mit der man bekakt wird auch wieder ablaufen kann - das ist natürlich bei den Oberen nicht gerne gesehen -
LöschenHab gerade keine Zeit, will mir das abber demnächst mal durchlesen. Ich kenn das Problem, allerdings auch fehlen noch Skills die ich nicht kann. Aber keienr die Zeit investieren will und mir beibringen möchte.
AntwortenLöschenschon der erste ernstzunehmende Kommentar des AV prägte ...Wie? Sie haben sich so oft beworben und noch keinen Job??? Man ist sprachlos und denkt an die Zeiten als rohe Gewalt zur Klärung beigetragen hat -
AntwortenLöschenIch habe mal nachgefragt wo man sich über Arbeitgeber beschweren kann. Nach der Ausbildung und gescheiterten Übernahme habe ich ein Jobangebot bekommen was sich nach Unterschrift als Hölle entpuppt hat. Nicht mehr als 2 Wochen Urlaub, Bevor man Urlaub antritt die 24 Stunden Schicht machen. 7 Tage die Woche 24 Stunden Bereitschaft bei Wind und Wetter auf Baustellen oder Autobahnen Hydraulikleitungen austauschen. Mir wurde nur gesagt " das wäre doof gelaufen" nach vielen Fragebögen habe ich trotzdem die 3 Monatige Sperre bekommen. Weil ich selbst gekündigt habe. Die Stelle ist immer noch im System. Jetzt mache ich meinen Meister und warte auf Unterlagen vom Jobcenter. Ich habe 2 Monate keine Lehrgänge und sehe kein Geld. Renne morgen zum zweiten mal dort hin um meine Finanziele Notlage per aktuellen Kontoauszug zu beweisen.
AntwortenLöschenWährend der Lehre ausgenutzt, Während der Übernahme der ewige Azubi. Ich musste mein Auto verkaufen weil es ja nur 60 % gibt. Mit zwei Nebenjobs was komischer weise nicht zum Leben reicht. Wegen Abzügen. Musste ich monatlich Abrechnungen vorzeigen. Es ist eine Frechheit. Es ist auch nicht mehr des Menschen würdig. Menschen gehen da durch kaputt. Durch Sport und viele andere Kleine Dinge im Leben kann ich das noch irgend wo Kompensieren. Die 2 Monate wollte ich vor lernen. Aber nein die Bürokratie der BRD erschlägt mich. Leider sind wir noch zu wenige. Genug Menschen die einen Job haben gesehen die nur noch funktionieren. Genug Arbeitslose gesehen die keine Hoffnung mehr in den Augen haben. Der Mensch kann so viel. Aber er ist nichts weiter mehr als ein Roboter. Ein Gegenstand. Das man Selber hungert damit das Haustier was zu essen hat interessiert keinen, Das Arbeitgeber mit dem Finger auf einen zeigen ineressiert keinen. Es ist traurig. Alles wird kontrolliert und vorgegeben. Wo kann sich der Mensch denn heute noch vernüftig entwickeln ?
Dieser Blogbeitrag ist schon über zwei Jahre alt! Gleichwohl hat sich an vielen Dingen nichts geändert, trotz angeblicher Vollbeschäftigung. Ich wünsche dir alles Gute.
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