Montag, 11. Januar 2016

Geschlechterkampf



Ja, es gibt Dinge, die ich nicht kann. Wirklich. Mathe wäre so ein Beispiel. Es gab Phasen in meinem Leben, wo ich ernsthaft dachte, ich leide unter Dyskalkulie, also dem Gegenstück zur Legasthenie. Schon in der Grundschule tat ich mich schwer mit Zahlen. Ich zählte viel mit der Hand ab, was ja angeblich gar nicht gut sein soll und habe die Äpfel und Birnen lieber gezeichnet, als sie zu zählen. 

Woran das nun liegt? Manche Zungen behaupten ja gerne, dass es an meinem Geschlecht liegt. Auch wenn ich das hundertprozentige Gegenteil nicht beweisen kann, kam es mir trotzdem nie so vor, dass meine mangelnden mathematischen Talente auf meine Eierstöcke zurück zu führen sind. Ich wäre auch nie auf die Idee gekommen mein Frausein dafür verantwortlich zu machen. Dafür kenne ich einfach zu viele Frauen, die wirklich gut in Mathe sind und es sogar studiert haben. Ich bin eben als Mensch nicht so stark mit dieser Gabe gesegnet. Fertig. Das ist zwar manchmal blöd, aber eigentlich auch ok.

Soweit, so idealistisch. Nur leider lebe ich in einer Welt, wo mir als Frau gewisse Fertigkeiten entweder zu oder abgesprochen werden. Besonders jetzt, wo ich wieder arbeite, fällt mir dies deutlich auf. Während ich in meinem fein ausgewählten Freundeskreis und in meiner Partnerschaft eher wenig bis gar nicht mit solchen Stereotypen zu tun habe, werde ich auf der Arbeit plötzlich mit allem konfrontiert, was die Geschlechterklischeekiste so hergibt. Und dies betrifft nicht nur Frauen, sondern auch Männer.

Plötzlich werde ich beim Aufbau des neuen Druckers mit den Worten zur Seite geschoben: „Lass das mal die Männer machen.“ Als ich nicht gleich das richtige Steckloch für das Druckerkabel finde, wird großzügig Hilfe angeboten, mit dem irgendwie wohl scherzhaft gemeinten Hinweis „Frauen und Technik“. 

Aber auch die Männer kommen nicht besser weg. Da werden lustige Anekdoten von Ehemännern erzählt, die unfähig sind Backformen im Supermarkt zu kaufen oder nicht mal das Wasser für die Nudeln heiß bekommen. Dies liegt natürlich an ihrem Geschlecht. Logisch, oder?

Sind wir plötzlich alle zu kleinen Geschlechterbiologen geworden oder worauf gründen sich diese Annahmen? Hat jeder von uns aufwendige und jahrelange Feldstudien betrieben? Natürlich nicht. Dieses „Wissen“ – ja, ich setze das mal bewusst in Anführungszeichen – der meisten Menschen beruht auf einer kruden Mischung aus halbgaren Bildzeitungsartikeln, pseudowissenschaftlichen Expertenmeinungen und den mündlich weitergegebenen Meinungen von Tante Trude und Opa Heinrich. Das nervt und engt den eigenen Horizont ein.

Aber sich darauf zu berufen ist natürlich oft wesentlich einfacher, als das Gegenüber erst Mal möglichst vorurteilsfrei mit all seinen Stärken und Schwächen und all seinen Vorlieben und Abneigungen anzuschauen. Stattdessen pressen wir den anderen in Schubladen und machen uns über ihn lustig, wenn er aus dieser Rolle fällt. Ich habe es in diesem Blog schon öfter erwähnt, aber ich fände es schön, zuerst den Menschen zu sehen und dann sein Geschlecht.

1 Kommentar:

  1. Alle verseucht von Mario Barth, "Caveman" und "Der Vollidiot". Geschlechter-Klischees machen die Welt und das soziale Miteinander so schön einfach. Sie ordnen es. Auch wenn die Realität oft ganz anders ist. Nervig sind sie dennoch.

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