Ja, es gibt Dinge, die ich nicht kann.
Wirklich. Mathe wäre so ein Beispiel. Es gab Phasen in meinem Leben, wo ich
ernsthaft dachte, ich leide unter Dyskalkulie, also dem Gegenstück zur
Legasthenie. Schon in der Grundschule tat ich mich schwer mit Zahlen. Ich
zählte viel mit der Hand ab, was ja angeblich gar nicht gut sein soll und habe
die Äpfel und Birnen lieber gezeichnet, als sie zu zählen.
Woran das nun liegt? Manche Zungen
behaupten ja gerne, dass es an meinem Geschlecht liegt. Auch wenn ich das
hundertprozentige Gegenteil nicht beweisen kann, kam es mir trotzdem nie so
vor, dass meine mangelnden mathematischen Talente auf meine Eierstöcke zurück
zu führen sind. Ich wäre auch nie auf die Idee gekommen mein Frausein dafür
verantwortlich zu machen. Dafür kenne ich einfach zu viele Frauen, die wirklich
gut in Mathe sind und es sogar studiert haben. Ich bin eben als Mensch nicht so
stark mit dieser Gabe gesegnet. Fertig. Das ist zwar manchmal blöd, aber
eigentlich auch ok.
Soweit, so idealistisch. Nur leider lebe
ich in einer Welt, wo mir als Frau gewisse Fertigkeiten entweder zu oder
abgesprochen werden. Besonders jetzt, wo ich wieder arbeite, fällt mir dies deutlich auf. Während ich in meinem fein ausgewählten Freundeskreis und in
meiner Partnerschaft eher wenig bis gar nicht mit solchen Stereotypen zu tun
habe, werde ich auf der Arbeit plötzlich mit allem konfrontiert, was die
Geschlechterklischeekiste so hergibt. Und dies betrifft nicht nur Frauen,
sondern auch Männer.
Plötzlich werde ich beim Aufbau des
neuen Druckers mit den Worten zur Seite geschoben: „Lass das mal die Männer
machen.“ Als ich nicht gleich das richtige Steckloch für das Druckerkabel
finde, wird großzügig Hilfe angeboten, mit dem irgendwie wohl scherzhaft
gemeinten Hinweis „Frauen und Technik“.
Aber auch die Männer kommen nicht besser
weg. Da werden lustige Anekdoten von Ehemännern erzählt, die unfähig sind Backformen
im Supermarkt zu kaufen oder nicht mal das Wasser für die Nudeln heiß bekommen. Dies
liegt natürlich an ihrem Geschlecht. Logisch, oder?
Sind wir plötzlich alle zu kleinen
Geschlechterbiologen geworden oder worauf gründen sich diese Annahmen? Hat
jeder von uns aufwendige und jahrelange Feldstudien betrieben? Natürlich nicht.
Dieses „Wissen“ – ja, ich setze das
mal bewusst in Anführungszeichen – der meisten Menschen beruht auf einer kruden
Mischung aus halbgaren Bildzeitungsartikeln, pseudowissenschaftlichen
Expertenmeinungen und den mündlich weitergegebenen Meinungen von Tante Trude
und Opa Heinrich. Das nervt und engt den eigenen Horizont ein.
Aber sich darauf zu berufen ist natürlich oft
wesentlich einfacher, als das Gegenüber erst Mal möglichst vorurteilsfrei
mit all seinen Stärken und Schwächen und all seinen Vorlieben und Abneigungen
anzuschauen. Stattdessen pressen wir den anderen in Schubladen und machen uns
über ihn lustig, wenn er aus dieser Rolle fällt. Ich habe es in diesem Blog schon öfter erwähnt, aber ich fände es schön, zuerst den Menschen zu sehen und dann sein Geschlecht.
Alle verseucht von Mario Barth, "Caveman" und "Der Vollidiot". Geschlechter-Klischees machen die Welt und das soziale Miteinander so schön einfach. Sie ordnen es. Auch wenn die Realität oft ganz anders ist. Nervig sind sie dennoch.
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