Jetzt mal Hand aufs Herz. Machst du
gerne Fehler? Nein?! Ich auch nicht. Aber warum eigentlich nicht? Was ist so schlimm
an Fehlern? In der Schule haben die anderen Mitschüler getuschelt, wenn wir uns
verlesen oder verrechnet haben. An der Tafel sind wir rot angelaufen, weil wir
fürchteten, dass die Inhalte in unserem Referat falsch sein könnten. Nicht das jemand unangenehme Fragen stellt. Eltern und
Lehrer haben uns ständig korrigiert, in den Dingen, die wir angeblich nicht
können. Später gab‘s vom Chef einen auf den Deckel und die Kollegen verdrehten
die Augen, weil wir ein paar Zahlen in ein Formular falsch eingegeben haben. Das
geht eigentlich das ganze Leben so weiter. Manchmal höre ich Sprüche von
Fremden und auch Freunden, wie etwa: „Was?! Das weißt du nicht? Das solltest du
aber wissen.“ Und wer legt das fest? Wer legt fest, was ich zu wissen und zu
können habe? Du etwa?
Die Erwartungen der anderen engen uns
ein. Manchmal kann es sogar so schlimm werden, dass sie uns völlig
handlungsunfähig machen. Nicht wenige Menschen empfinden die Angst vor dem
Scheitern. Da wollen wir uns vielleicht beruflich umorientieren oder eine
Weltreise machen. Doch wir zögern lange und mögen uns nicht recht entschließen.
Ein fernes Echo aus vergangenen Zeiten dringt zu uns vor. „Das ist doch alles viel zu
schwer. Wenn du scheiterst, dann sag nicht, ich hätte es dir nicht gesagt.“ Entscheidungen,
die bei näherer Betrachtung gar keine so weitreichenden Konsequenzen haben,
werden durch die Möglichkeit des Scheiterns stark aufgeladen.
Unserer
Gesellschaft hat das Spielerische verloren, wenn sie es denn je gehabt hat.
Besonders gut kann man dies bei
Unternehmensgründern beobachten, die mit ihrem Geschäft gescheitert sind. Anstatt
in ihnen das Potential einer gereiften Persönlichkeit zu sehen, die aus ihren
Fehlern gelernt hat, werden sie von Arbeitgebern einfach als Loser abgestempelt,
die es nicht geschafft haben. Entweder du schaffst es auf Anhieb erfolgreich zu
sein oder Gnade dir Gott – oder so ähnlich.
Viele flippen sofort aus oder werden
nervös, wenn andere Fehler machen. Unsere Gesellschaft ist oft geradezu panisch
in ihren Präventionsmaßnahmen, nur um Fehler zu verhindern. Unglücklicherweise
führt dieser Mangel an Gelassenheit und Flexibilität häufig genau zum
Gegenteil. Ärzte vertuschen ihre Kunstfehler und Ingenieure verschweigen den
Konstruktionsfehler der neuen Autobahnbrücke bis auch das letzte Auto in den
Fluss gestürzt ist. Gerade im beruflichen Bereich werden wir regelrecht zum Vertuschen
und Lügen angestiftet, nur um den allgemeinen Schein, man sei ein fehlerloser
Mitarbeiter aufrecht zu erhalten.
Eine meiner Lieblingsgeschichten zum
Thema Fehler und Scheitern ist die von Thomas Edison. Als fleißiger und emsiger
Erfinder versuchte er sich an vielen Dingen. Er hat die Glühbirne zwar nicht ganz
als erster erfunden, wie ich lange glaubte, aber das spielt ja auch keine
Rolle. Was mich beeindruckt, ist, dass er unbeirrt versucht hat, die Glühbirne so
zu perfektionieren, dass sie schließlich zu einem unverzichtbaren Gegenstand in
jedem elektrifizierten Haushalt wurde. Er testete weit über 1000 Materialien,
um den passenden Glühfaden zu finden und ohne zu wissen, ob es ihm gelingen wird. Von
ihm stammt auch der wunderbare Satz:
„Ich
bin in meiner Karriere nie gescheitert. Ich habe nur 10 000 Wege gefunden, die
nicht funktionierten.“
Wir übersehen nur zu gerne, dass die
Helden, die wir für ihre Erfolge feiern oft einen langen, steinigen und
ziemlich frustrierenden Weg hinter sich haben. Wir wollen nur die strahlende
Rüstung sehen und nicht die ganzen Blessuren und Zweifel, die sich dahinter
verbergen.
Dabei führt die Akzeptanz von Fehlern zu mehr
Gelassenheit und damit auch zu weniger Fehlern. So paradox ist das Leben eben.
Oder hast du schon mal ein Baby gesehen, dass nicht laufen lernen wollte, weil
es Angst hatte hinzufallen? Spielen, Ausprobieren, immer wieder neu versuchen,
all dies führt nicht nur zu kreativen Lösungen für ein Problem, nein, es
schafft auch ein ganz neues Miteinander. Kinder, Jugendliche oder auch junge
Erwachsene können nicht lernen oder zu verantwortungsvollen und weitsichtigen
Erwachsenen heranreifen, wenn sie keine Fehler machen dürfen.
Mein Freund erzählte mir von einem
Schmetterling, der, wenn man ihm dabei helfen würde sich aus seinem Kokon zu
befreien, sterben würde. Ihm würden dann die Muskeln fehlen, die er sich bei
dem anstrengenden Kraftakt, sich heraus zu arbeiten aufgebaut hätte. Somit kann
er nicht fliegen und damit auch nicht auf Futtersuche gehen. Ein schreckliches
Schicksal in der guten Absicht ihn vor dem Scheitern zu bewahren.
Interessanterweise haben wir so manchem
Fehler sogar die größten Errungenschaften zu verdanken. Man denke nur an die
Entdeckung des Penicillins. Was wäre gewesen, wenn Alexander Fleming gedacht
hätte: „Boah, bin ich blöd. Jetzt hab
ich die ganzen verschimmelten Bakterienkulturen hier rum stehen lassen. Die
wasche ich jetzt mal schnell ab, bevor jemand merkt, dass ich diesen Fehler
gemacht habe.“ Eben.
Da mein Freund nicht nur klug, sondern
auch ein wandelndes Sprichwörter- und Zitatenlexikon ist, erfreut er mich auch
gerne mit folgendem Zitat, mit welchem ich meinen geneigten Leser in den Abend
entlasse:
„Ein Experte ist jemand, der auf
einem Spezialgebiet alle denkbaren Fehler bereits gemacht hat.“
Niels Bohr, Nobelpreisträger für Physik
Hallo ihr beiden! Bin grade über Epikur zu euch gestoßen und les mich grade ein und was ich lese, gefällt mir gut :)
AntwortenLöschenEine technische Anmerkung/Anliegen hätte ich allerdings: Das Design ist interessant, geht aber zumindest bei mir sehr zulasten der Lesbarkeit. Weiß auf Schwarz ist generell schwer lesbar und längere Texte sind da für die Augen eine echte Tortur. Und auch das Prinzip statischer Hintergrund/beweglicher Text macht mir das Lesen zusätzlich schwer. Vielleicht ist's das Alter - ich bin jetzt auch schon jenseits der 30… ;)
viele Grüße
Julia
Hallo Julia,
AntwortenLöschenerstmal lieben Dank für dein Lob und natürlich auch für deine Kritik. :) Ja, das mit dem Design beschäftigt mich auch schon länger. Bei Blogger gibt es ja einige Standard-Layouts und dieses hatte uns bisher am besten gefallen. Aber das mit der Leserlichkeit ist wirklich so eine Sache. Wir müssen mal schauen, was wir da machen können. Was das technische betrifft, sind wir nämlich leider totale noobs und wissen nicht so recht, wie wir das so individuell gestalten können, dass alles passt. :D
Oh wow - hab jetzt länger nicht hier reingeschaut; und was seh ich jetzt? Alles so lesbar hier :) Toll, noch ein Grund mehr, öfters hier reinzulesen :)
AntwortenLöschenGruß Julia
Das freut uns natürlich zu hören. :)
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