Man kann ja zum Feminismus stehen wie
man will, aber ich finde, dass man nicht bestreiten kann, dass wir den Zustand
der Glückseligkeit noch lange nicht erreicht haben. Sonst wäre es nicht immer
wieder Thema. Nun sind die 100 Flirt-Tipps für Mädchen von 10 - 17 Jahren, die die Zeitschrift
Bravo vor gut einem Monat veröffentlicht hat, Gegenstand der Diskussion.
Keine Ahnung, ob das schon wieder ein
alter Hut in der Netzwelt ist und ich die Tausendste bin, die das jetzt auch
noch durchkaut, trotzdem hat es mich (mal wieder) erheblich ins Grübeln darüber
gebracht, wie weit es mit der Gleichberechtigung wirklich her ist.
Regel
20
Der
Klassiker: Stolpere in Deinen Schwarm hinein. Entschuldige Dich überschwänglich
bei ihm. Er wird Dich total niedlich finden,
weil Du ein kleiner Tollpatsch bist.
Die Quintessenz dieser Regeln lässt sich
wie folgt herunter brechen: Du bist auf gar keinen Fall ok, so wie du bist,
aber sei dabei natürlich und authentisch. Alles klar? Nun kann man einwenden,
dass die Bravo doch eh keiner liest und wenigstens erwachsene Frauen reif genug
sind, um dem ironisch gegenüber zu stehen. Doch erstens lesen dies Mädchen, die
einmal die Frauen von morgen sein werden und zweitens werde ich irgendwie
dieses Gefühl nicht los, dass dieser Appell sich anzupassen, sich auch durch
andere Bereiche meines Lebens zieht. Ach ja, als Bewerber bei Firmen.
Regel
39
Nur
laute Girls fallen auf? Stimmt nicht. Wer sich ruhig verhält, wirkt geheimnisvoller und damit interessanter auf
Jungs.
Wobei ich mich tatsächlich frage:
Entwickeln wir uns zurück oder sind diese Dinge nie wirklich weg gewesen und
ich hab‘s nur lange gar nicht geschnallt, weil ich echt geglaubt habe, dass wir
uns als Gesellschaft zu mehr Gleichberechtigung hin entwickeln.
Der besagte Appell zielt darauf ab,
sexy, aber nicht zu sexy, süß, niedlich, ein wenig tollpatschig, geheimnisvoll
und auf gar keinen Fall zu laut zu sein. Das Ziel ist Aufmerksamkeit. Das
eigene Verhalten bewegt sich dabei in einer sich vollkommen widersprechenden
Bandbreite, dass niemals, aber auch niemals die eigene Persönlichkeit
widerspiegeln oder auch nur streifen darf. Das mögen Jungs nicht. Am besten man, bzw. girl beschränkt
sich sowieso vollkommen darauf seine Aufmerksamkeit über das eigene Aussehen zu erzeugen.
Regel
57
Imitiere
seinen Style! Dein Schwarm trägt am liebsten Grün? Zieh dir auch grüne Sachen
an. Die stechen ihm viel mehr ins Auge als
andersfarbige Teile.
Weshalb ist Aufmerksamkeit wichtig?
Merke: Damit du nicht unsichtbar wirst. Dies
steht tatsächlich in einer der Regeln und bedeutet meiner Meinung nach nichts
anderes als: „Pass auf, dass du keine alte Jungfer wirst, die keiner will.“ Die
gelten nämlich als komisch und verschroben. Und schwubs sitzen alle Mädchen und
Frauen mal wieder in der alten Falle, dass sie nur was wert sind, wenn sie von
anderen gesehen werden.
Und wer jetzt immer noch glaubt, dass
dies nur so in der Bravo steht und auch gar nicht weiter von
Interesse ist, der sollte sich mal Frauenmagazine oder meinetwegen auch
Herrenmagazine mit einem kritischen Auge zu Gemüte führen. Im Grunde steht dort
genau dasselbe drin, nur vielleicht nicht so plakativ und überzogen. Und wer
noch einen Bewerbungsratgeber zuhause hat – dieser tut es ganz genauso gut. Nur,
dass sich da kein Geschlecht im Speziellen diskriminiert fühlen muss, weil nämlich beide
klein gehalten werden.
Jetzt
mal ein paar Regeln von mir:
Regel
1
Hört
auf Menschen in Schubladen zu stecken. Das blockiert und hält einen davon ab,
zu sehen, was wirklich ist.
Regel
2
Hört
auf zu glauben, dass ihr genau wisst, wie alle Frauen und alle Männer auf
dieser Welt sind, was sie denken, wie sie ticken.
Regel
3
Behandelt
euch gegenseitig so, wie ihr auch behandelt werden wollt.
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